Eine zielgerichtete Krebstherapie (auch als "Targeted Therapy" bekannt) nutzt – ebenso wie eine Chemotherapie – Medikamente zur Bekämpfung eines Tumors. Der Unterschied ist, dass die im Rahmen der zielgerichteten Therapie eingesetzten Wirkstoffe fast ausschließlich das Krebsgewebe beeinträchtigen und gesunde Zellen zum Großteil unangetastet lassen. Die Medikamente wirken hierbei auf Zellebene, um das Tumorwachstum einzudämmen.
Verabreicht werden die Medikamente zumeist in Tablettenform oder via Infusion, in einigen Fällen auch als Injektion unter die Haut.
Wirkt eine Targeted Therapy bei allen Patienten?
Viele Menschen, die an Krebs erkrankt sind, können heute von einer Targeted Therapy profitieren. Hierbei kommt es jedoch sowohl auf die jeweilige Krebsart als auch auf den Patienten an: Die charakteristischen Merkmale von Krebstumoren variieren von Person zu Person. Nur dann, wenn ein Wirkstoff (oder eine Wirkstoffkombination) auf diese spezifischen Merkmale abgestimmt ist, hat die Behandlung Aussicht auf Erfolg. Spricht jedoch ein Patient auf diese zielgerichteten Medikamente an, können außergewöhnlich hohe Wirksamkeiten erzielt werden.
Die Wahrscheinlichkeit eines Ansprechens lässt sich durch das Eingrenzen auf die richtige Patientengruppe erhöhen. Daher ist es wichtig, vor Beginn einer Therapie die Möglichkeit eines Ansprechens zu testen. Dies lässt sich bei zielgerichteten Medikamenten über Biomarker realisieren, da die Wirkungsorte der Medikamente sehr spezifisch sind und diese Wirkungsorte dann als spezifische Biomarker zur Analyse der Wirksamkeit herangezogen werden können.
An dieser Stelle setzt das Konzept von TherapySelect an: Wir haben uns der Entwicklung fortschrittlichster diagnostischer Testverfahren verschrieben, um Ärzte und Patienten bei der Therapieplanung zu unterstützen. In diesem Rahmen bieten wir Testverfahren für Medikamente in der zielgerichteten ebenso wie in der Chemotherapie an.
Wirkungsarten der zielgerichteten Krebstherapie
Hinter dem Sammelbegriff "zielgerichtete Krebstherapie" verbirgt sich nicht etwa eine einzelne Strategie zur Bekämpfung von Krebszellen, sondern eine ganze Reihe unterschiedlicher Wirkungsprinzipien:
Einige Wirkstoffe schirmen die Rezeptoren von Tumorzellen gegen sogenannte Wachstumsfaktoren ab (Diese signalisieren einer Zelle, sich zu teilen). Die Folge ist, dass die befallenen Zellen sich nicht weiter vermehren. Andere Medikamente stören die Zufuhr von Sauerstoff und Nährstoffen, indem sie die Bildung neuer Blutgefäße im Tumor verhindern. Die Krebszellen erhalten in der Folge zu wenig Nahrung und können sich nicht mehr teilen. Eine weitere Strategie ist, den Ausscheidungsmechanismus der Zellen zu blockieren. Da die überflüssigen Eiweißmoleküle nicht mehr entsorgt werden können, "ersticken" die Zellen praktisch daran. Wieder andere Wirkstoffe sabotieren die Reparaturfunktion der Zellen. Diese können somit beschädigte DNA nicht länger reparieren, was schließlich zum Absterben der Krebszellen führt. Schließlich gibt es auch Medikamente, welche die vom Krebs befallenen Zellen markieren, damit diese vom Immunsystem als Fremdkörper erkannt und attackiert werden.
Die nachfolgende Tabelle listet alle bisher (Stand: Juli 2017) für die zielgerichtete Krebstherapie zugelassenen Medikamente auf, entsprechend ihrer Wirkungsweise eingeteilt in Haupt- und Untergruppen. Überdies geben die beiden rechten Spalten an, ob sich die Eignung des jeweiligen Wirkstoffs für einen konkreten Patienten durch unterschiedliche Testverfahren (CTR-Test® oder Biomarker-Analysen wie z.B. PCDx™ oder Guardant360®) auswerten lässt. Wie hierbei schnell ersichtlich ist, deckt die Tumorprofilierung mittels molekular-basierter Biomarker-Analyse nahezu alle Medikamente ab, während eine Auswertung via CTR-Test in vielen Fällen noch nicht validiert ist. In den Anti-Hormon-Therapien, in denen das Medikament nicht direkt auf die Tumorzellen wirkt, kann über den CTR-Test keine Wirksamkeit bestimmt werden.
Hauptgruppen der zielgerichteten Medikamente | Wirkprinzipien der zielgerichteten Medikamente | Substanzname | Wirksamkeit testbar mit | ||
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lebenden Zellen | archivierten Tumor (FFPE) | Blutprobe (Plasma) | |||
Anti-Hormon- Therapien |
Estrogenrezeptor- Modulatoren | Diethylstilbestrol Fulvestrant Tamoxifen Toremifen |
zurzeit nein zurzeit nein ja zurzeit nein |
ja ja ja ja |
zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein |
Inhibition der Testosteron- und Estrogen-Biosynthese | Abirateron | nein | ja | zurzeit nein | |
Aromatase-Inhibitoren | Anastrozol Exemestan Letrozole |
nein nein nein |
ja ja ja |
zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein |
|
Androgenrezeptor-Inhibitoren | Bicalutamid Enzalutamid Flutamid |
zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein |
ja ja ja |
zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein |
|
GnRH / GnRH Rezeptor- Modulatoren |
Abarelix Degarelix Leuprorelin Triptorelin |
nein nein nein nein |
zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein |
zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein |
|
Proteohormone | Octreotid | nein | zurzeit nein | zurzeit nein | |
Progesteron / Rezeptor- Inhibitoren |
Medroxyprogesterone Megestrol |
nein nein |
ja ja |
zurzeit nein zurzeit nein |
|
(Wachstums-) Rezeptor-Inhibitoren | Intrazelluläre Tyrosinkinase- Inhibitoren |
Afatinib (EGFR) Brigatinib (ALK, EGFR) Erlotinib (EGFR,HER1R) Gefitinib (EGFR) Lapatinib (EGFR,HER2) Lenvatinib (VEGFR1,2,3, FGFR1,2,3,4,PDGFR alpha,c-Kit,RET) Neratinib (EGFR, HER2) Osimertinib (EGFR T790M) Sunitinib (PDGF,VEGF, c-Kit, FLT, CSF, RET) Vandetanib (VEGFR, EGFR,RET) |
zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein |
ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja |
ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja |
Extrazelluläre Rezeptor- Inhibitioren |
Bevacizumab (VEGF) Cetuximab (EGFR) Dinutuximab (Gangliosid GD2) Necitumumab (EGFR) Olaratumab (PDGFR alpha) Panitumumab (EGFR) Pertuzumab (HER2) TDM1(Ado-trastuzumab emtansine)(HER2) Trastuzumab (HER2) |
zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein |
ja ja ja zurzeit nein ja ja ja ja ja |
zurzeit nein ja ja zurzeit nein ja ja ja ja ja |
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Protein-Inhibitoren | AKT Inhibitoren | verschiedene (in klinischen Studien) | zurzeit nein | ja | ja |
ALK Inhibitoren | Alectinib, Ceritinib, Crizotinib (ALK, MET, ROS1) |
zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein |
ja ja ja |
ja ja ja |
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Angiogenese Inhibitoren | Aflibercept Nintedanib verschiedene (in klinischen Studien) |
zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein |
zurzeit nein ja (ja) |
zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein |
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BCR-ABL Inhibitoren | Dasatinib (BCR-ABL, SRC) Imatinib (BCR-ABL) Nilotinib (BCR-ABL) |
zurzeit nein ja zurzeit nein |
ja ja ja |
ja ja ja |
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B-Raf Inhibitoren | Dabrafenib Encorafenib Vemurafenib verschiedene (in klinischen Studien) |
zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein |
ja ja ja ja ; |
ja ja ja ja |
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CDK Inhibitoren | Abermaciclib Palbociclib Ribociclib |
zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein |
ja ja ja |
zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein |
|
Hedgehog Signaling Inhibitoren | Sonidegib | zurzeit nein | ja | ja | |
Vismodegib | zurzeit nein | ja | ja | ||
IGF Signalweg Inhibitoren | verschiedene (in klinischen Studien) | zurzeit nein | ja | ja | |
cMET Inhibitoren | Cabozantinib, verschiedene (in klinischen Studien) |
zurzeit nein zurzeit nein |
ja ja |
ja ja |
|
MEK Inhibitoren | Binimetinib Cobimetinib Trametinib |
zurzeit nein
|
ja ja ja |
ja ja ja |
|
mTOR Inhibitoren | Everolimus Temsirolimus |
zurzeit nein zurzeit nein |
ja ja |
ja ja |
|
PARP Inhibitoren | Niraparib Olaparib Rucaparib verschiedene (in klinischen Studien) |
zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein |
ja ja ja ja |
ja ja ja ja |
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PI3K & PIK3CA Inhibitoren | Aspirin Idelalisib verschiedene (in klinischen Studien) |
zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein |
zurzeit nein ja ja |
zurzeit nein zurzeit nein zurzeit nein |
|
(Tyrosin-) Kinase Inhibitoren | Pazopanib (VEGFR, PDGFR, KIT) | zurzeit nein | ja | ja | |
Regorafenib (VEGFR, TIE2, KIT, RET, RAF-1, BRAF, BRAFV600E, PDGFR, FGFR) | zurzeit nein | ja | ja | ||
Sorafenib (Raf,tyrosine kinases (VEGF)) | zurzeit nein | ja | ja | ||
Medikamente zur Immuntherapie | Immun-Checkpoint-Inhibitoren | Atezolizumab (PD-L1) | zurzeit nein | ja | zurzeit nein |
Avelumab (PD-L1) | zurzeit nein | ja | zurzeit nein | ||
Durvalumab (PD-L1) | zurzeit nein | ja | zurzeit nein | ||
Ipilimumab (CTLA-4) | zurzeit nein | ja | zurzeit nein | ||
Nivolumab (PD-1) | zurzeit nein | ja | zurzeit nein | ||
Pembrolizumab (PD-1) | zurzeit nein | ja | zurzeit nein | ||
Immunmodulatoren | Interleukin-2 | zurzeit nein | ja | zurzeit nein |
Eine Liste von häufig verwendeten Zytostatika finden sie unter derm Thema: "Das Zytostatikum als Waffe gegen Krebs"
Nebenwirkungen der zielgerichteten Therapie
Grundsätzlich treten auch bei einer Targeted Therapy Nebenwirkungen auf. Da die Wirkstoffe allerdings sehr präzise auf den Einsatz gegen Tumorzellen ausgerichtet sind, treten die unerwünschten Symptome – ähnlich wie im Rahmen einer ganzheitlichen Krebstherapie – in der Regel in geringem Umfang auf und sind nicht mit den Nebenwirkungen einer Chemotherapie vergleichbar. Zu den möglichen Nebenwirkungen zählen unter anderem:
- Hautreizungen
- erweiterte Blutgefäße
- Änderung der Haarstruktur
- Durchfall
- Übelkeit
- Blutungen.